Wir leben in einer intellektualisierten Kultur, die den mentalen Aspekt unseres Seins sehr betont und wo Fühlen, Wahrnehmen und Spüren eine untergeordnete Rolle spielen.
In unserem Bildungssystem lernen wir wenig bis gar nichts über den Umgang mit Gefühlen, Körperwahrnehmung oder wie wir Abstand zu unseren Gedanken nehmen können.
Im Arbeitskontext zählen Argumente und Zahlen allgemein mehr als Intuition oder unsere körperlichen und emotionalen Bedürfnisse. Viele von uns haben sich beispielsweise angewöhnt, den Körper auf gewisse Weise auszublenden, während sie konzentriert am Bildschirm sitzen und mental am Arbeiten sind. Erst beim Feierabend merkt man dann, dass der Rücken wehtut, weil man ungünstig gesessen hat oder zu wenig aufgestanden ist.
Kurz gesagt: Wir sind oftmals fast ausschließlich „im Kopf“ ohne es zu realisieren, weil wir es nicht anders kennen.
Wir lesen, denken und schreiben Emails – sind aber viel mehr auf unsere mentalen Prozesse fokussiert als auf unser sinnliches Erleben.
Veränderung, so denken wir, können wir auch über den Kopf erreichen – in Kombination mit Willenskraft. Durch mentalen Input, durch Nachdenken, durch Erkenntnisse und Reden.
Leider nützt uns Erkenntnis allein für wirkliche Veränderung nur wenig. Nur weil wir etwas zu wissen glauben, heißt das noch lange nicht, dass sich an unserem Verhalten oder daran, wie wir unseren Alltag erleben, etwas ändert.
Ich kann tausendmal realisiert haben, dass ich beispielsweise dazu neige, mir selbst Stress zu machen oder zu prokrastinieren oder dass es gut wäre, bessere Grenzen setzen zu können- Verändern wird sich meistens nicht viel oder nur sehr mühsam und schleppend.
Wir sind nämlich mehr als unsere Gedanken – wir sind körperliche Wesen.
Um neue Wege gehen zu können ist es sinnvoll, unseren Körper mit ins Boot zu holen. Veränderungen brauchen neue Erfahrungen, die sich einprägen. Wenn diese Erfahrungen auch auf körperlicher Ebene spürbar sind, werden sie wirklich bei uns ankommen. Ein Lernprozess, der den Körper miteinbezieht, wirkt viel tiefer als ein rein kognitiver.
Zusätzlich gibt es auch einen direkten Zusammenhang zwischen Gedächtnis und Erzählen. Wenn wir jemandem von unseren Erfahrungen berichten, ist es viel wahrscheinlicher, dass wir uns an sie erinnern werden.
Deswegen bin ich in meiner Arbeit einfach so sehr von der kraftvollen Kombination aus Körperarbeit und Austausch überzeugt.
Es ist das eine, an den eigenen Herausforderungen, wie beispielsweise der Schwierigkeit, Grenzen zu setzen, zu arbeiten. Es ist etwas völlig anderes, wenn ich Frauen erlebe, die ebenfalls auf diesem Weg sind und ich über meine Erfahrungen, die ich während der Körperarbeit oder in meinem Alltag mache, sprechen kann und darin bezeugt werde.
Lass mich dir beispielhaft an dem Thema Grenzen noch einmal die Kraft von Körperarbeit deutlich machen: Wenn du bewusst den Raum um dich herum spürst und durch körperliche Bewegungen und deine Stimme schützt, wird sich tief in deinem System verankern, dass du in der Lage bist, deine Grenzen wahrzunehmen und zu kommunizieren.
Sogar noch eindrucksvoller sind körperbasierten Kontaktübungen mit einer Partnerin. So ist beispielsweise die Erfahrung, jemand anderen mit den Armen gegen eine Wand zu schieben, so einprägsam, dass du auf ganzheitlicher Ebene lernst: „Wow, ich habe Kraft und ich kann mich verteidigen.“ und dir als Folge davon selbst mehr vertrauen kannst.
Durch Körperarbeit wird nicht nur der junge Teil unseres Gehirns angesprochen, welcher unter anderem für Erkenntnisse zuständig ist, sondern auch das Stammhirn, was ebenfalls unser alltägliches Handeln und Erleben beeinflusst. Dieser evolutionär ältere Gehirnteil sabotiert nebenbei bemerkt gerne mal das, was wir uns mittels unserer Willenskraft vorgenommen haben.
Diese körperlichen neuen Erfahrungen wirken sich unweigerlich auf dein Verhalten im Alltag aus. Um nochmal zum Beispielthema Abgrenzung zurückzukommen, wirst du, ohne stundenlang darüber nachgedacht oder dir passende Sätze zurechtgelegt zu haben, automatisch auch auf verbaler Ebene mehr für dich einstehen können, wenn du es in der Körperarbeit zuvor erfahren hast.
Anschließend kann man auch kognitive Ansätze und Erkenntnisse zum Thema „Gesunde Grenzen“ mithinzunehmen, die nun viel besser wirken können, weil du die Basis dafür geschaffen hast.
Ich bin ein Fan von Nachhaltigkeit und Tiefe, deswegen lag es mir am Herzen, das Frauenjahrestraining „Entdecke deine Kraft“ zu kreieren, was dich zusätzlich zu dem körperlichen Ansatz und dem Austausch in der Gruppe auch durch den langen Begleitungszeitraum intensiv stärkt. Den Veränderungen brauchen nicht nur den Körper – sie brauchen oftmals auch Zeit und viele Wiederholungen.
Meine anderen (offline- & online) Angebote für körperorientiertes Empowerment sind gerne mal im Wandel – schau dich einfach hier um, ob etwas Passendes für dich dabei ist.
Bei allen Veränderungsprozessen, die du anstrebst, wünsche ich dir in jedem Fall viel Freude, Durchhaltevermögen und eine große Portion Leichtigkeit!