Das brave Mädchen rebelliert

Das brave Mädchen rebelliert

Ein braves Mädchen macht ihrem Umfeld keine Unannehmlichkeiten. Sie möchte gefallen, gemocht werden und bloß nicht anecken oder stören. Sie möchte nicht unangenehm auffallen.

Ein braves Mädchen stellt keine unangenehmen Fragen und schluckt ihren Ärger lieber herunter oder wird passiv-aggressiv, als auch mal einen Konflikt zu riskieren.

Sie möchte die Dinge möglichst perfekt machen, ja keinen Fehler begehen– und dadurch möglicherweise Unmut von anderen auf sich ziehen.

Bevor sie auf die Idee kommt, das Verhalten bestimmter Mitmenschen kritisch zu hinterfragen, sucht sie lieber die Schuld bei sich. Ständig fragt sie sich, ob sie nicht dies oder jenes hätte anders machen sollen oder ob irgendetwas mit ihr nicht stimmt. Sie macht sich klein und bleibt oft sprachlos, auch wenn es manchmal innerlich in ihr tobt.

Ihre großen, verwegenen Träume kennt das brave Mädchen meistens gar nicht – und wenn, dann kommen sie ihr völlig unrealistisch vor.

Sie sieht lieber zu, dass sie ihren Alltag auf die Reihe bekommt. Damit hat sie genug zu tun. Es ist oft alles sehr anstrengend.

Was musste passieren, sodass ein Mädchen voll kindlichem Entdeckungsgeist, Lebensfreude und Verspieltheit zu einem braven, angepassten und erschöpften Mädchen wurde – und es auch bleibt, egal, wie alt sie ist?

Sie hat resigniert. Schon sehr früh oder erst später.

Eine Vielfalt an unterschwelligen Gewaltmechanismen war notwendig, um die ihr innenwohnende Lebendigkeit einzudämmen.

Sie ist in einer Gesellschaft und vielleicht auch in einer Familie aufgewachsen, in der ihr Angepasstsein mehr honoriert wurde, als ihr authentischer Selbstausdruck.

Sie hat nicht aus freien Stücken begonnen, sich selbst zu kleinzuhalten, sondern um in dieser Welt bestmöglich zu überleben.

Sie hat so viele Menschen erlebt, die auch nur funktionieren, die erschöpft und angepasst sind, dass sie begonnen hat, zu glauben, es müsste so sein. Und wenn sie sich auflehnte und etwas riskierte, es anders machen wollte – dann traf sie auf Gegenwind statt auf Verständnis. Dann gehörte sie nicht mehr dazu. Dann wurde sie lächerlich gemacht. Dann wurde ihr Wertschätzung oder Status entzogen.

Das brave Mädchen hat in ihrem Leben viel gesessen. Sehr viel. Stundenlang. Auch wenn sie lieber mit ihren Freundinnen Fangen spielen wollte, auch wenn ihr nach langen Bürotagen der Rücken wehzutun begann.

Das brave Mädchen sitzt immer noch. Sie sitzt und denkt und sitzt und scrollt und sitzt und langweilt sich in nichtssagenden Meetings oder abends vor dem Fernseher.

Wenn sie nichts ändert, wird das brave Mädchen irgendwann eine alte verbitterte Frau sein. Eine Frau, die sich nie getraut hat, ihr Leben nach ihren eigenen Vorstellungen zu leben, die sich selten bis niemals wild & frei fühlen konnte, sondern immer wieder eingesperrt und oft frustriert.

Wie geht es dir, nachdem du diesen Text gelesen hast? Er ist recht zugespitzt geschrieben, aber erkennst du dich in einigen Punkten wieder?

Und: Wie fühlt es sich an, ein braves Mädchen zu sein?

Ich selbst muss sagen: Mein eigenes Energielevel ist allein durchs Schreiben ganz schön heruntergegangen und ich fühle mich unangenehm beklommen.

Deswegen kommen hier ganz ganz schnell ein paar radikale Anregungen dafür, wie das brave Mädchen AUSBRECHEN und sich an ihre ursprüngliche Kraft erinnern kann. Wie sie die selbstbestimmte, freie, wilde Version von sich selbst verkörpern kann, die eigentlich die ganze Zeit schon in ihr schlummert.

In dem Embodiment-& Empowerment Ansatz, mit dem ich arbeite, geht es oft darum, zunächst körperlich aus bestimmten Mustern auszubrechen, die uns klein halten. Im Fall des Ausbruchs aus dem „Brave-Mädchen-Modus“ geht es also darum, dass du zunächst KÖRPERLICH genau das Gegenteil davon machst, gefallen zu wollen, klein und still zu sein und nicht aufzufallen. Dies kannst du in einem sicheren Raum für dich alleine machen oder auch in einer Gruppe, wie beispielsweise in den Seminaren, die ich anbiete.

Ganz konkret kann das so aussehen:

1) Schneide Grimassen und gib komische Laute von dir. Sei hässlich, sei wild, mach laute Geräusche. Grunze, stöhne, zische und strecke allen imaginären Leuten und Aufgaben, die dich annerven, die Zunge raus. Leg deine Alltagsmaske ab und lass dich hier so richtig die Sau raus.


2) Übe, körperlich wütend zu sein und diese Wut gegen eine vorgestellte Außenwelt zu richten. Mach dir aggressive Musik an und trete, boxe, stampfe und kicke weg, was dir nicht guttut und dich unter Druck setzt. Tritt ein in eine Arena, in der du deinem Umfeld zeigen kannst, dass etwas NICHT OKAY für dich ist, dass du einen eigenen Willen hast, dass du Kraft hast. Auch hier kannst du wütende, aggressive Geräusche machen, das Gesicht verziehen oder verschiedene Versionen von „Nein“ äußern („Stopp!“, „Hör auf!“ etc.). Mache körperlich deutlich, dass man sich besser nicht mit dir anlegen sollte!


3) Bewege dich und tanze, wie eine zu 120 % von sich überzeugte Frau. Eine Frau, die sich selber feiert, die Macht hat, die ihren Willen bekommt. Wir wollen hier wie gesagt das genaue Gegenteil tun, was ein braves, angepasstes Mädchen tun würde. Wir verkörpern im Tanz eine Frau, die Raum einnimmt, die auffällt, die vielleicht als arrogant oder als „Bitch“ bezeichnet werden könnte. Ich empfehle Songs von us-amerikanischen millionendollar-schweren Größen wie z.B. „Confident“ von Demi Lovato. Also, mach dich groß, streck deine Brust raus, das Kinn hoch und vor allem: tanze so, als würdest du dich selber megageil finden.

Am Anfang sind solche körperlichen Empowerment-Aktivitäten vielleicht etwas ungewohnt, aber die Erfahrung zeigt, dass es mega Spaß machen und super befreiend sein kann, wenn du dich darauf einlässt.

In den Embodiment-& Empowerment Seminaren, die ich einbiete, arbeiten wir zusätzlich noch mit verschiedenen Partnerinnenübungen. Es gibt Übungen, in denen dein ganzes System die Erfahrung von wohltuender Unterstützung macht, als auch wo du übst, dich selbst in konfrontativen Situationen zu verteidigen. Mein Herzensprojekt ist das Jahrestraining „Entdecke deine Kraft“, was eine intensive Begleitung beinhaltet, um nachhaltig aus einengenden Mustern auszubrechen und gestärkt durchs Leben zu gehen.

In jedem Fall wünsche ich dir eine große Portion Lebendigkeit, Willenskraft und Mut!

Sei für dein inneres braves Mädchen da und zeige ihr liebevoll, dass das Leben so viel mehr Spaß machen kann, als ihre einengende Konditionierung sie glauben lassen will!